HOBBYTIP 10/1995 Nr. 245, gekürzte Fassung und keine Bilder.

"Putzlappen mit Zauberkraft"

von und mit Roswitha Puls, Vladimir Rydl, Rudolf Weber und Jean Pütz

INHALT

VORWORT von Jean Pütz

Eine unendliche Geschichte - Putzen

Die mechanisch - physikalische Reinigung

Der Silberstreif am Horizont - moderne Putzlappen

HaRa und Nachahmer

Kleine Faserkunde für Putzteufel

Baumwolle

Viskose

Polyamid

Polyester

Mikrofasern

So wenig Chemie wie möglich - das etwas andere Putzen

Welches Putzmittel darfss denn sein?


Liebe Zuschauer,

wenn Sie nicht gerade zu der großen Schar junger Zuschauer gehören, die unsere Sendung regelmäßig verfolgen, dann können Sie sich vielleicht noch daran erinnern, wie mühselig der Hausputz noch vor wenigen Jahrzehnten sein konnte. Da wurde mit Wurzelbürsten auf den Knien gerutscht und mit Wasser, Sand und Soda geschrubbt. Die berühmten "Spülhände" aus der Werbung hätten diese Frauen, an denen blieb die Arbeit ja letztlich hängen, gerne gegen ihre eigenen eingetauscht, denn hautfreundlich war dies alles gewiß nicht.Wittus Witt - ein Zauberer der Extraklasse und langjähriger Freund der Hobbythek - hat die Sendung darum nicht ohne Grund themengerecht eröffnet. Wer wünscht sich denn nicht einen Zauberer, eine gute Fee oder ein paar kleine Heinzelmännchen, die uns von der täglichen "Fron" befreien?

Bei aller Kunst, auch Wittus Witt konnte uns keinen Zauberspruch nennen, der das Putzen ein für alle Mal überflüssig macht, und so blieb uns leider nichts anderes übrig, als wenigstens nach einer Erleichterung der ungeliebten Arbeit Ausschau zu halten. Dabei macht es durchaus Sinn, einmal denen über die Schulter zu schauen, für die Putzen ein großes Geschäft ist. Bei den professionellen Raumpflegeunternehmen zahlt sich rationelles und zugleich gründliches Putzen schnell in barer Münze aus - nicht der schlechteste Anreiz, sich Gedanken über eine Verbesserung der Arbeitsabläufe zu machen.

Die Ergebnisse unserer Blicke über den "Horizont" der eigenen vier Wände , das Hobbythek-Putzlappen-system, stellen wir in diesem Hobbytip ausführlich vor. Natürlich brachten wir diesmal unsere eigenen Erfahrungen und Ideen ein, so daß Sie in Zukunft die Möglichkeit haben, sich mit praktischen, hochwertigen und preiswerten Putzhilfen das Leben etwas leichter zu machen - zumindest den putzenden Teil davon.

Ich bin an diesem eigentlich alltäglichen Thema durchaus erheblich emotional beteiligt. Es ist, wenn Sie so wollen, eine Reise zurück zu meinen Wurzeln, denn meine Großmutter und später meine Mutter hatten in Luxemburg einen kleinen Laden, in dem vieles von dem angeboten wurde, was dem Entfernen oder Verhindern von Schmutz diente - angefangen von der Bodenreinigung über die Reinigung von Teppichen und Möbeln bis zum Säubern von Stoffen, Wäsche usw. Das heißt, wir verkauften Waschpulver, Bleichmittel, Lösungsmittel, Bodenbeläge, Farben, Tapeten, Kleister, Besen und Putzlappen ebenso wie Fleckenmittel, Klebstoffe und vieles andere mehr. Ich würde es heute eine Art Drugstore nennen.

Rückwirkend betrachtet möchte ich sagen, daß man zu der damaligen Zeit, das heißt in den 50er Jahren, nicht besonders freundlich mit der Natur umging. Härteste Chemie gab es damals schon, z.B. Chlorbleichmittel und viele chemische Säuren, und auch das Waschpulver, meist aus Amerika und England importiert, war nach heutigen ökologischen Gesichtspunkten katastrophal.

Vielleicht ist das einer der Gründe, daß ich mich schon sehr früh mit Themen aus dem Schmutz- und Putzbereich beschäftigt habe. Inzwischen sind schon eine ganze Reihe von Hobbytheksendungen zum Putzen und nicht zuletzt zum Waschen entstanden. Besonders stolz sind wir auch auf den Waschmittelbaukasten der Hobbythek, der besonders umweltfreundliches Waschen ermöglicht. Wir haben ihn gründlich überarbeitet und stellen ihn darum im nächsten Jahr nochmals vor.

Danken möchte ich dieses Mal vor allem Herrn Rudolf Weber, der seine lebenslange Erfahrung in der Entwicklung von Putz-, Wasch- und Fleckentfernungshilfen einbrachte und somit einen Quell des Wissens für diese Hobbythek darstellte.Ich wünsche Ihnen alles Gute und vielleicht auch noch etwas Spaß für alle zukünftigen Herbst- und Frühlings-Großreine-machen, die Ihnen (und uns) noch blühen werden.

Ihr Jean Pütz

 

Eine unendliche Geschichte - Putzen

Es war noch zu Beginn des Jahrhunderts eine mühselige Plackerei, einen Haushalt sauber zu halten. Die Methoden unterschieden sich dabei gar nicht mal so sehr von denen des Mittelalters. Auch damals waren, selbst in den höchsten Häusern, die wichtigsten Hilfsmittel letztlich eine Bürste, Sand zum Scheuern, Wasser, Lumpen, also alte Kleidungsstücke, die nicht mehr repariert werden konnten oder für höherwertige Tätigkeiten taugten, und evtl. noch ein Besen aus Reisig .

Was damit an Putzen möglich war, nennt man heute "physikalisch-mechanische Reinigung", das heißt der Dreck wurde entweder vom Wasser weggeschwemmt oder durch Reibung weg befördert oder geschabt.

Es gab noch einen anderen Effekt, den man damals sicherlich noch nicht deuten konnte, nämlich die elektrostatische Staubentfernung, z.B. mit einem Federwedel.

Chemische Hilfsmittel waren kaum bekannt, wenn man einmal von einem Extrakt aus Holzasche, d.h. der sogenannten Pottasche, und vom natürlichen Soda absieht, das allerdings erst sehr viel später eingeführt wurde. Man könnte glauben, die Pottasche wäre ein sehr natürliches , ökologisches Reinigungsmittel gewesen. Im Gegenteil, Historiker haben festgestellt, daß für die Herstellung der Pottasche ganze Landstriche entwaldet wurden. Damals machte man sich um den Raubbau an der Natur nur viel weniger Sorgen.In der Neuzeit waren es zunächst die gefürchteten Alchimisten, die erste chemische Reinigungsmittel entwickelten, z.B. die Gallseife, aus der Galle von Rindern und Schweinen, und später auch die Schmier- und Kernseife.

Erst der modernen Chemie war es dann vorbehalten, eine Unmenge von chemischen Haushaltshilfen zur Dreckentfernung zu schaffen, z.B. Tenside, Enzyme, Lösungsmittel, Säuren und Alkalien sowie Bleichmittel, z.B. auch Chlor. Oft entwickelte sich daraus eine extreme Umweltbelastung, wie wir heute wissen, eine Hypothek, die unsere Kinder und Kindeskinder noch zu tragen haben. Sie können sich sicherlich noch an die Schaumberge und regelmäßigen Fischsterben in den deutschen Gewässern erinnern, sie entstanden nicht zuletzt durch die damals weitverbreiteten, schwer abbaubaren Tenside, die aufgrund ihrer schlechten Abbaubarkeit auch "harte" Tenside genannt werden, in Putz und Waschmitteln. Einem derartigen Großeinsatz von Chemie ist die althergebrachte physikalisch-mechanische Reinigung in jedem Fall vorzuziehen. Natürlich wäre es völlig absurd mit Reisigbesen, Scheuersand, Wurzelbürste und kaltem Wasser dem Wohlstandsschmutz einer modernen Wohnung des angehenden 21. Jahrhunderts zu begegnen. Wichtig ist deshalb der Einsatz von Putzgeräten mit "Know How", der Erfolg ist dann mindestens genau so gut und macht auch nicht mehr Arbeit als mit viel Chemie.

Allzu lange mußten sich die Frauen mit minderwertigen Gerätschaften abmühen. Ein Beispiel hierfür sind damals wie heute die Aufnehmer: Sie wurden häufig aus billigsten Dochtgarnen hergestellt, die aus zerrissenen und zerfaserten Alttextilien gesponnen wurden. Zwar gab es schon früh einen Schrubber, über den man den Aufnehmer legen konnte, aber all das war trotzdem mit viel bückender Arbeit verbunden.

Über 100 Jahre wurden diese scheußlichen Stoffe für Aufnehmer verwandt; zuvor wurde, wenn überhaupt, mit abgetragenen Lumpen geputzt, insofern war der Aufnehmer schon ein Fortschritt. Darin spiegelt sich auch die Geringschätzung der Hausfrauenarbeit wieder, Handwerker würden es ablehnen, mit minderwertigem Werkzeug zu arbeiten, aber den Frauen wurde es lange Zeit zugemutet.

 

Wie putzen - mit Chemie oder mechanisch?

Zwar ist Putzen etwas anderes als Waschen, trotzdem haben beide Tätigkeiten vieles gemein. An oberster Stelle steht "Der Dreck muß weg", ob nun beim Waschen von Textilien oder beim Putzen von Oberflächen aller Art, die im Haushalt angetroffen werden, also Böden, Teppichen, Wänden, Fenstern, Möbeln, Geschirr usw. Eine wichtige Gemeinsamkeit beider Tätigkeiten ist auch, daß die Chemische Industrie nichts unversucht läßt, den leidgeprüften Hausfrauen, Hausmänner gibt es ja erst seit kurzem, ihr Leben zu erleichtern. Wer kennt sie nicht, die verlockende Reklame von einem schmutzigen Badezimmer, das kurz eingeschäumt und abgebraust, nach wenigen Sekunden in neuem Glanz erstrahlt, ähnliches gibt es auch für Backöfen. Zugegeben, die modernen Wasch- und Putzmittel erleichtern die Hausarbeit gegenüber früheren Zeiten enorm, gegen jeden Schmutz ist da ein Mittel entstanden. In vielen Supermärkten nehmen die entsprechenden Produkte folglich mehr Regalfläche ein als die echten Grundnahrungsmittel.

Die einzige wirklich leidtragende an dieser Entwicklung ist die Natur. Sie muß letztlich mit jedem Tropfen Reinigungsmittel fertig werden. Wenn auch die Mittel heutzutage wesentlich umweltfeundlicher geworden sind, alles kann auch die beste Kläranlage nicht abbauen, so daß immer Reste in unsere Gewässer gelangen und dort die Lebewesen schädigen.

Früher ging man mit den Segnungen der Chemie weniger aus ökologischen Überlegungen denn aus Kostengründen sparsam um. Wenn beispielsweise Waschtag war, wurde zunächst in der Waschlauge die gering verschmutzte Weißwäsche gekocht, dann mit zunehmender Verschmutzung immer dunklere und schmutzigere Wäsche bis hin zur Arbeitskleidung des Mannes. Die erkaltende Lauge diente dann zum Einweichen der Wäsche für den nächsten Tag, und ganz zum Schluß, und hier kommen wir wieder zum Thema zurück, nutzte die Hausfrau das Waschwasser zum Putzen des Bodens.

Nun möchten wir Ihnen derart sparsames Wirtschaften nicht unbedingt zumuten, auch wir leben gerne komfortabel, aber den sparsamen Umgang mit Tensiden können wir uns, diesmal aus ökologischen Gründen, schon abschauen.

 

Die mechanisch - physikalische Reinigung

Schrubben, scheuern, bürsten, ledern, dies sind Tätigkeiten, die einem bei diesem Stichwort einfallen. Anders als beim Putzen mit herkömmlichen Reinigungsmittteln liegt hier das Hauptgewicht auf dem Abreiben des Schmutzes vom Untergrund. Das Problem dabei ist, einerseits den Schmutz ordentlich zu entfernen und andererseits den zu reinigenden Gegenstand nicht zu beschädigen. Hier erweist sich die Beschaffenheit des Handwerkszeugs als besonders wichtig. Es macht eben einen Unterschied, ob man eine Teflonpfanne beispielsweise mit Stahlwolle oder mit einem Kunststoffschwamm reinigt. Ist bei einer Pfanne der Schaden zwar ärgerlich, aber dennoch begrenzt, so können beispielsweise bei einem Klavier oder einem wertvollen Erbstück Kratzer oder matte Stellen sehr schnell ins Geld gehen.

Gesucht sind darum Reinigungshilfen, die optimal auf die zu putzenden Oberflächen und den zu entfernenden Schmutz eingestellt sind. So läßt sich Schmutz mit einem Minimum an Reinigungsmitteln schnell und mühelos entfernen.

Gewerbliche Gebäude- und Fensterreiniger haben schon früh erkannt, daß sich Schmutz auf völlig ebenen Unterlagen recht leicht entfernen läßt. Das eigentliche Problem stellen aber Unebenheiten dar, dabei ist es egal, ob es sich um relativ breite Rillen , schmale Ritzen und Poren oder um feine Kratzer handelt. Solche Problemstellen lassen sich am einfachsten mit einer Bürste reinigen, da die Borsten in die Höhlung hineingelangen und den Schmutz mechanisch herausbefördern.

Dies erfährt jeder von uns täglich am eigenen Leib, denn die Zähne mit ihren Zwischenräumen putzt man sich ja auch nicht mit einem Lappen sondern mit einer Zahnbürste.

Die Bürste fürs Putzen muß allerdings für viele Anwendungen noch wesentlich weicher sein, damit beispielsweise empfindliche Lacke oder Dekors nicht beschädigt werden. Nun gibt es zwar eine Vielzahl von Bürsten mit Borsten unterschiedlichster Länge, Dicke und Weichheit, so daß sich sicherlich für jede Oberfläche die passende Bürste finden ließe. Doch alle Bürsten haben den entscheidenden Nachteil, daß der Schmutz durch deren Einsatz nur gelöst werden kann. Das Entfernen des schmutzigen Wassers muß anschließend mit einem anderen Gerät erfolgen, z.B. wenn mit Schrubber und Aufnehmer in drei Arbeitsgängen geputzt wird: Anfeuchten, Schrubben, und Trockenwischen.

Schon lange vor dem zweiten Weltkrieg erkannten darum professionelle Fensterputzer die enormen Vorteile einer "Bürste", die von der Natur sozusagen frei Haus geliefert wurde, Schafsfell. Es bot enorme Vorteile: Es war flexibel und konne auch in unzugänglichen Ecken eingesetzt werden. Es war weich und schonte alle Oberflächen. Die Vielzahl feiner Haare gelangte in feinste Kratzer und Ritzen, und bei hartnäckigerem Schmutz konnte durch festeres Drücken nachgeholfen werden, ohne daß das Holz einer herkömmlichen Bürste Beschädigungen hervorrufen konnte. Vor allem jedoch entfernte das Lammfell das verwendete Wasser bereits wieder im gleichen Arbeitsgang - zum größten Teil wenigstens. Es mußte abschließend nur noch kurz mit Fensterleder nachgetrocknet werden. Einen nicht zu vernachlässigenden Nachteil hatte das Lammfell jedoch. Es verfilzte bei regem Gebrauch, so daß sich seine günstigen Eigenschaften, die ja auf seiner Vielzahl einzelner Haare beruhten, bald verschlechterten.

 

Der Silberstreif am Horizont - moderne Putzlappen

Nach dem 2. Weltkrieg wurden aufgrund der allgemeinen Geldknappheit aus den bekannten Cord- und Samtstoffen mehr oder weniger gelungene Imitate natürlicher Felle entwickelt und salonfähig, die viel billiger herzustellen waren als Naturfelle.

Da diese Kunstfelle, auch Florgewebe genannt, in ihren Eigenschaften z.T. den Schafsfellen recht ähnlich waren, kamen findige Unternehmer auf die Idee, diese Kunstfelle den gewerblichen Gebäudereinigern zugänglich zu machen, die ja lange Erfahrungen mit dem natürlichen Schafsfell hatten. Mit der Zeit wurden dann viele unterschiedliche Putzsysteme entwickelt, die alle auf Florgeweben mit mehr oder weniger hohem Flor beruhten. Dabei kamen Materialien zum Einsatz, die den jeweiligen Einsatzbereichen perfekt angepaßt waren.

 

HaRa und Nachahmer

Lange Jahre blieben die Florgewebe ausschließlich den professionellen Putzkolonnen vorbehalten. In den Privathaushalten wurde weiterhin geputzt wie vor hundert Jahren, mit Staubtuch, Wischlappen, Schrubber und Aufnehmer.

Erst als ein cleverer Unternehmer, Hans Raab, seine Erfahrungen als ehemaliger Gebäudereiniger nutzte und normalen Hausfrauen die entsprechend abgewandelten professionellen Putzhilfsmittel zugänglich machte, begann der Einzug moderner Putzmethoden in private Haushalte.Hochachtung für diese Idee, Herr Raab hat sich damit große Verdienste erworben.

Die von ihm propagierten Florgewebe erschienen zunächst für die Hausfrau, die die Vorzüge noch nicht kannte, viel zu teuer zu sein, weswegen auch Geschäfte und Supermarktketten zunächst kein Interesse bekundeten. Hans Raab verfiel daher auf eine Vermarktungsstrategie, wie sie auch die Firma Tupperware für ihre Produkte wählte. Auf eigens von Privatpersonen veranstalteten Hausfrauenparties wurden die Putzlappen seiner Firma HaRa vorgeführt und die neue Putzphilosophie ausführlich erläutert. Schnell bildeten sich engagierte Fanclubs, die dann allerdings auch bereit waren, Fanpreise zu zahlen.

Die Gewinnspannen der Produkte waren jedenfalls groß und dies bei Umsätzen, die nicht gerade klein waren. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet jedenfalls von Umsätzen, die 1993 bei etwa 800 Mio. DM lagen.

Dies mag vielleicht auch daran liegen, daß bei den Vorführungen die Leistungen der Putzlappen ein wenig mystifiziert wurden. Wenn beispielsweise behauptet wurde , daß nur extrem wenig HaRa-Putzmittellösung eingesetzt werden muß, dann liegt das zum einen an der mechanischen Reinigung durch die Flortücher, vor allem jedoch an der besonders hohen Konzentration des Putzmittels. Wenn dann auch noch behauptet wird, die Putzwirkung der Tücher ließe sich nur mit dem speziellen HaRa-Mittel erreichen, dann ist dies zwar eine legale Methode der starken Kundenbindung, allerdings nicht gerade verbraucherfreundlich, weil sie Konkurrenz abweist. Wir Journalisten haben demgegenüber die Aufgabe, unsere Kunden, die Bürger, objektiver zu informieren. Konkret bedeutet dies: Sie können natürlich auch andere, erheblich preiswertere Reinigungsmittel verwenden, die Sie ebenso tropfenweise, direkt auf dem Florlappen aufbringen.

Als sich die Vorteile der neuen Putztechnik immer mehr herumsprachen, wagten auch andere Firmen den Einstieg in den Markt, so daß Sie mittlerweile in jedem besser sortierten Haushaltswarengeschäft oder Supermarkt Flortücher erwerben können. Objektivere Informationspolitik betreiben viele dieser Firmen leider ebenfalls nicht, da ist in den Prospekten von Wunderfasern, Supra- oder Ultrafasern die Rede, was immer das auch jeweils sein mag.

 

Kleine Faserkunde für Putzteufel

Faser ist nicht gleich Faser, und das gilt ganz besonders für die Herstellung von Putztüchern. Es gibt nicht nur harte und weiche, dicke und dünne, saugfähige und imprägnierte, sondern sogar fettanziehende und fettabstoßende Fasern. Daher ist es nicht unerheblich, aus welchem Material ein Putztuch besteht. Wir möchten Ihnen darum kurz die von uns verwendeten Materialien vorstellen.

 

Baumwolle

Nahezu 50% des Weltfaseraufkommens wird von der Baumwollpflanze geliefert. Die Fasern bilden sich an der Außenhaut der Samen und werden bis 4cm lang. Kurz vor der Ernte bilden die drei bis fünf Samen jeder Blüte einen weißen flauschigen Faserball, der auch heute noch mitunter von Hand geerntet wird, um bessere Qualitäten zu erhalten. Die Samen liefern ein hochwertiges Öl. Baumwolle besteht aus Zellulosemolekülen mit bis zu 3000 Glukosebausteinen, den ringförmigen Molekülen des Traubenzuckers. Die schlauchartige Faser wird durch drei Schichten Zellulose gebildet, wobei die mittlere Zelluloseschicht den Hauptanteil ausmacht. Im reifen, getrockneten Zustand bilden die Schichten einen flachgedrücken Schlauch, der auch noch schraubenförmig verdreht ist. Baumwolle quillt in Wasser und nimmt dadurch recht viel Wasser auf, sie wird dadurch sogar fester und verträgt auch kraftvolles Wischen ohne großen Verschleiß. Baumwollprodukte halten daher sehr lange. Baumwollstoffe halten Wasser auch gut in ihren Poren fest und sind daher gut für nasse Anwendungen geeignet. Wir verwenden Baumwolle im Universalhaushaltstuch und in den Bodenwischtüchern.

 

Viskose

Viskose ist eine der ältesten Chemiefasern. Rohstoff für die Herstellung ist Holz, genauer gesagt, Holzzellulose. Diese wird in einem Lösungsmittel gelöst, verflüssigt, und durch sehr feine brausenartige Düsen gepresst. Eine solche Spinndüse kann durchaus 50000 bis 100000 Löcher haben. In einem Fällbad wird dann das Lösungsmittel wieder entzogen, und die Fasern entstehen.

Auf der Weltausstellung in Paris 1900 wurden erstmals Garne und Gewebe aus Viskose-Kunstseide gezeigt. Obwohl Viskose wie Baumwolle aus Zellulose besteht, hat sie doch etwas andere Eigenschaften. Sie nimmt noch mehr Wasser auf als die Baumwolle, so daß ein Spültuch mit einem Flor aus Viskosefäden 400% seines Eigengewichts an Wasser aufnehmen kann. Aufgenommene Schmutzreste lassen sich leicht wieder ausspülen. Wir haben aus diesem Material unsere Spül- und Wischtücher gefertigt.

 

Polyamid

Dieses Material,das 1938 nahezu zeitgleich in USA und Deutschland entwickelt wurde, war seinerzeit aufgrund seiner fehlenden Knitterneigung bahnbrechend für pflegeleichte Textilien. Bekannt wurde es unter den Handelsnamen Perlon und Nylon. Wenn man an feine Nylonstrümfe denkt, mag man nicht glauben, daß wir das Material für Scheuertücher und -pads verwenden.

Dafür nehmen wir jedoch ein Gewirke aus Garn, das aus stark gekräuselten Polyamidfilamenten hergestellt wird. Aufgrund der Kräuselung ragen viele Schlaufen aus dem Gewebe heraus, die die Scheuerwirkng verstärken. Da die einzelnen Fasern des Garns relativ dick sind, das Polyamid aber eigentlich recht weich, können angebrannte Reste in Töpfen und Pfannen gut abgeschabt werden, ohne die härteren Oberflächen zu verkratzen.

 

Polyester

Erst seit 1941 gibt es Fasern aus Polyesterharz, das durch Erhitzen von Terephtalsäure mit Ethylenglycol gewonnen wird. Bei 280 C wird das geschmolzene Polyester durch feine Spinndüsen gepresst. Nach dem Erkalten werden daraus dann Garne gesponnen. Die Fasern schrumpfen nicht, knittern kaum und sind leicht waschbar. Allerdings sind sie überhaupt nicht saugfähig, so daß Polyestergewebe nur wenig Wasser aufnehmen.Andererseits ist das Material sehr fettliebend. Taucht man beispielsweise ein Gewebe, das je zur Hälfte aus weißen Baumwoll- und Polyesterfasern besteht, in rot gefärbtes Öl und spült es anschließend leicht in Wasser mit etwas Spülmittel, dann zeigt sich schnell, daß die dadurch entfetteten Baumwollfäden wieder weiß geworden sind und die Polyesterfäden durch anhaftendes Öl rot blieben.

Erst bei einer gründlichen Wäsche gibt die Polyesterfaser anhaftendes Fett wieder ab. Dieses Verhalten der Polyesterfasern wurde erst durch unseren Co-Autor Herrn Weber nachgewiesen.Wir nutzen die fettliebende Eigenschaft von Polyester in unserem Universalhaushaltstuch, das zu einem Drittel daraus besteht, und vor allem bei unserem Mikrofasertuch, das hervorragend zum Entfernen von Fettschlieren und Fingerabdrücken auf Glas auch ohne Wasser geeignet ist.

 

Mikrofasern

Unter dem Marketingbegriff Mikrofaser werden viele Stoffe verkauft, die diesen Namen nicht verdienen. Um wirklich als Mikrofaser bezeichnet werden zu können, darf die einzelne Faser höchstens 9 tausendstel Millimeter dick sein, meist sind die Fasern sogar noch dünner. In der Graphik haben wir einen Größenvergleich angestellt, indem wir Fasern verschiedener Materialien nebeneinandergelegt haben. Mikrofasern sind hundertmal dünner als menschliches Haar und erheblich feiner als Seide- oder Baumwollfasern, die einzelne Faser kann man kaum mit dem Auge wahrnehmen. Mikrofasern können aus unterschiedlichen Materialien hergestellt werden. Es gibt Mikrofasern aus Polyamid (Perlon), Polyacryl (Dralon), Polypropylen (Vegan), aber auch Fasern aus Viskose (Danufil und Lyocell) werden in Mikrofaserfeinheiten hergestellt.

Wir setzen Mikrofasern aus Polyester (zB. Diolen/Trevira) für unser Mikrofasertuch ein. Die Fasern sind fettliebend, daher nimmt die durch die feinen Fasern extrem hohe Oberfläche Fettschmutz in idealer Weise oberflächenschonend auf.

 

So wenig Chemie wie möglich - das etwas andere Putzen

Nun haben Sie schon so viel von den High-Tech-Putzlappen gelesen und fragen sich sicherlich, ob die Putzlappen genauso eingesetzt werden können wie Ihre bisherigen Tücher und Lappen. Natürlich können Sie auch die Flortücher genauso benutzen, wie Sie es seit jeher gewohnt sind. Dies gilt sicherlich für das Spül- und Wischtuch. Hier brauchen Sie sich überhaupt nicht umzugewöhnen. Auch die Staubtücher sind wie gewohnt einzusetzen.Bei den Scheuer- und Universaltüchern könnten Sie es aber einmal mit einer anderen Putztechnik versuchen.

Hier wird die Tatsache genutzt, daß die Flortücher große Mengen Schmutz problemlos aufnehmen können. Wischen oder scheuern Sie mit dem leicht ausgewrungenen feuchten Tuch, auf das Sie anschließend ein paar Tropfen Reinigungsmittel geben. Das Reinigungsmittel auf dem feuchten Tuch bewirkt in Zusammenarbeit mit der Bürstwirkung der Tücher, daß sich der Schmutz löst und sofort im Flor hängen bleibt. Wenn nach einiger Zeit das Tuch zu schmutzig erscheint, spülen Sie es im Putzeimer, der klares Wasser enthält einfach gründlich aus.

Anders als beim herkömmlichen Putzen wird der Schmutz nicht nur auf der zu putzenden Oberfläche durch die Tenside im Wasser aufgeschwemmt und vom Lappen aufgesaugt, sondern die Tenside verhindern zunächst auch, daß der abgelöste Schmutz wieder auf der geputzten Oberfläche haften kann. Der Schmutz wird erst beim Ausspülen im Putzeimer ins Wasser abgegeben. Anschließend wischen Sie am besten nochmal mit dem gesäuberten und ausgewrungenen Tuch nach, damit Tensidreste entfernt werden

Ähnlich funktioniert auch das Wischen des Fußbodens. Allerdings haben Profis auch hier eine Methode entwickelt, die speziell auf die Bodenwischsysteme abgestimmt ist.

Da die Bodenwischer ein Kardangelenk besitzen, wischt man im sogenanten Achterverfahren. Während beim herkömmlichen Putzen mit Schrubber immer vor und zurück gerieben wird, bewegt man beim Achterverfahren den Wischer nur in eine Richtung. Dies wird durch Drehen des Wischerstiels leicht möglich. Der Schmutz sammelt sich an der Vorderseite des Flortuchs, während die hinteren Teile sauber bleiben und sozusagen nachwischen. So brauchen einmal gewischte Bereiche nicht nochmal betreten zu werden.

Soll zum Trocknen neu nachgewischt werden, geschieht dies nach demselben Verfahren. Die nebenstehende Graphik zeigt, wie man sich das Putzen eines Zimmers einteilen kann. Um bereits saubere Bereiche nicht wieder zu betreten, wird beim Putzen rückwärts gegangen, entweder von der von der Tür am weitesten enfernten Ecke aus oder kreisförmig durch den Raum mit so wenig Überschneidungen wie möglich. Auch bei dieser Methode kann etwas Reinigungsmittel direkt auf den feuchten Wischerbezug geträufelt werden. Je nach Verschmutzungsgrad des Bodens muß der Wischerbezug ausgespült werden, meist allerdings nicht sehr häufig.

 

Welches Putzmittel darfss denn sein?

Im Supermarkt steht man oft ratlos vor langen Regalreihen, die üppig mit den verschiedenartigsten Reinigungsmitteln gefüllt sind. Man könnte meinen, daß ohne diese speziellen Mittel für jeden Zweck ein gründlicher Hausputz gar nicht mehr möglich sei. Ganz im Gegenteil. Wenn man sich vor Augen führt, was ein Reinigungsmittel eigentlich leisten soll, dann reduziert sich der Bedarf auf einige wenige Mittel.

Im allgemeinen besteht Schmutz aus in Wasser löslichen bzw. in Wasser aufschwemmbaren Bestandteilen wie Salzen, Staub u.ä. und aus wasserabstoßenden Anteilen wie Fetten und Ölen.

Sie sehen, für die erste Gruppe benötigt man nur Wasser, möglichst warm, damit es wasserlösliche Salze leichter löst.

Tensidmoleküle haben ein wasserliebendes und ein fettliebendes Ende. Wenn sich die fettliebenden Enden an ein fettiges Schmutzpartikel dicht an dicht anlagern, dann zeigen die wasserliebenden Köpfe nach außen. Da die Außenschicht des gesamten Teilchens jetzt wasserliebend ist, kann es vom Wasser aufgenommen und von der Unterlage gelöst werden. Dieser Ablöseprozeß kann mitunter von selbst ablaufen, wird aber durch Einsatz einer florartigen Bürste erheblich beschleunigt. Bei unserer Methode mit hoher Tensidkonzentration direkt auf dem Lappen befinden sich die benötigten Tensidmoleküle direkt am Ort des Geschehens und nicht im Eimer, deshalb auch die hohe Wirksamkeit. Es befindet sich eben mehr waschaktive Substanz (WAS) auf dem Lappen als bei der herkömmlichen Putzmethode. Deshalb konnte auch die Firma HaRa so erfolgreich für ihr Putzmittel werben. Es besteht, wie Analysen zeigten, nur aus einer Kombination völlig normaler, konzentrierter Tenside und etwas Alkohol und kann leicht durch andere Mittel ersetzt werden. Der Trick besteht ganz einfach in der Anwendung.

Eine anderere Möglichkeit Fett zu entfernen liegt darin, es zu lösen. Hierbei werden feste Schmutzpartikel vom Tensid umhüllt und ins Wasser geschwemmt. Das Fett dagegen löst sich im Lösungsmittel Alkohol in seine Einzelmoleküle auf. Sie kennen diesen Effekt, wenn Sie Zucker oder Salz in Wasser geben, oder wenn Sie einen Fettfleck mit Waschbenzin behandeln. Hierbei verflüssigen Sie den Fleck und saugen ihn mit einem Gewebe oder Papiertaschentuch auf. Der Rest des Lösungsmittels - in diesem Fall das Waschbenzin - verflüchtigt sich in die Luft.

Lösungsmittel für fettigen Schmutz sind meist selbst Öle. Nun wäre es unpraktisch, beispielsweise einen Butterfleck mit einem Pflanzenöl zu beseitigen, es bliebe ja immer noch eine fettige Stelle zurück. Besser geeignet sind daher flüchtige Mittel, die das Öl lösen und deren Reste nach der Reinigung verdampfen. Beispiele, die Sie aus dem Haushalt kennen, sind Waschbenzin und Alkohol (z.B. Spiritus). 


HOBBYTIP 10/1995 Nr. 245, um einige, für professionelle Leser eher uninteressante Passagen (Herstellung eigener Putzlappen) gekürzt, damit der Datenumfang dieser Seite nicht zu groß wird. Wer an der ungekürzten Fassung interessiert ist, kann sie sich aus Datex-J (*WDR#) besorgen, das entsprechende Hobbythek-Buch kaufen oder sich direkt auf die Homepage der Hobbythek begeben. Klicken Sie auf den folgenden Button, gelangen Sie auf die Homepage des WDR. (R.Flick)




Diese Seite wurde am 16.Juni 1996 erzeugt
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